Taubacher Weine - eine Köstlichkeit des Spätmittelalters
oder doch nur ein anderer Name für Ilmtal-Essig? So genau weiß das heute keiner, denn der letzte Tropfen ist schon lang' getrunken oder zu Salatdressing verarbeitet.
Mit der Gründung der Klöster kam etwa zur ersten Jahrtausendwende nach Chistus der Weinbau in das Tal der Ilm. Dies geschah zu einer Zeit, welche klimatisch als das "Mittelalterliche Klimaoptimum" bezeichnet wird, in welchem sich das Packeis nach Norden zurück zog und mancher Landgletscher völlig verschwand. Mit heutigen, deutschen, Maßstäben gemessen war dieser natürliche Prozess die totale Klimakatastrophe. Die Erde erwärmte sich zu dieser Zeit scheinbar unaufhörlich, was die Weinanbaugrenze natürlich ein ganzes Stück nach Norden verschob. Es kann davon ausgegangen werden, dass bereits vor der Gründung des Klosters Oberweimar, welche zwischen 1242 und 1244 erfolgt, der Weinanbau Einzug gehalten hatte. Erstmals werden jedoch erst in einer Urkunde vom 15. Juli 1258 Weinberge diesbezüglich benannt ("… in vinea supradicta. Sub eadem forma contulimus ipsi Ottoni etiam et dño Heinrico de Corbecke quatuor agros monasterii nostri intra Wimar et Toubeche sitos …"). Der nach Süden hin fallende, zu dieser Zeit über 2.500 m (heute: 650 m) Länge erstreckende Hang zwischen den Dörfern Taubach und Oberweimar bot sich für den Weinbau besonders an und heißt in seinem Herzbereich aktuell noch "In den Weinbergen".
Sicherlich war der Wein von so einer Traumlage eher ein Genuss und weniger Verdruss, weswegen es nicht verwundern kann, dass sich auf Taubacher Boden zu jener Zeit die meisten Weinberge der Umgegend befunden haben sollen, zumeist im Besitz des Klosters Oberweimar. Doch gab es auch Jahre, in welchen der Wein nicht reifte. Als Pächter eines Weinberges, meist zum halben Ertrag als Pachtzins, muss man sich gefühlt haben wie beim Tanz auf einem Vulkan - jederzeit konnte fristlos wegen "Unfleiß oder Säumnis" gekündigt werden.
Natürlich kann sich so ein kleines Dorf wie Taubach mit den riesigen Weinanbauflächen, welche sich zu jener Zeit um Erfurt oder Jena befanden, nicht messen. Doch vollzog sich im 16. Jahrhundert ein langsamer Klimawandel (bitte Aufmerken: die nächste Klimakatastrophe!) hin zu niedrigeren Temperaturen, einem Zeitraum bis in das 19. Jahrhundert, der in "Fachkreisen" auch "Kleine Eiszeit" genannt wird. Die Zahl der Missernten wurde häufiger, Frostschäden an Weinstöcken ebenso. Der Dreißigjährige Krieg, die Pest und Konkurrenz aus klimatisch günstiger gelegenen Regionen begünstigten den Niedergang des Weinanbaus. Oft blieben viele Flächen als Brachen einfach liegen und wurden/werden teils bis in unsere heutige Zeit nicht mehr landwirtschaftlich intensiv genutzt. So listet das Fundbuch von 1727 insgesamt 47 Weinberge Taubachs auf, welche "… so jetzo Acker und Brachland seyend …".
In heutiger Zeit sind auch fast alle Hausweinstöcke verschwunden, die Trauben der wenigen verbliebenen Reben werden oft Opfer von Wespen, Hornissen und Amseln. Alte, kleinbeerige Rebsorten sind dem Klimawandel oft nicht gewachsen, da sie bei der intensiven Sonneneinstrahlung erst verbrennen und dann faulen, auch der Befall mit Mehltau hat zugenommen. Das Ausweichen auf großbeerige Rebsorten oder der Anbau alter Sorten an halbschattigen Standorten können Abhilfe schaffen. Doch gelegentlich soll es den einen oder anderen Liebhaber gelingen, einige Fläschchen Taubacher Hausweins zu keltern, so wie in alter Vorzeit, trotz neuerlicher Klimakatastrophe.